„Behinderung, Entwicklungsstörung, Verhaltensauffälligkeit oder bin ich doch einfach nicht fähig dazu, mein Kind zu erziehen?“
Ich muss zugeben, der Titel ist etwas zu provakant. Aber oft höre ich den Satz: „Mein Kind braucht kein Label, Etikett, keinen Stempel auf der Stirn, mein Kind baucht keinen anderen Namen für sein Verhalten.“ Niemand möchte für sein Kind die Gewissheit, einer Verhaltensauffälligkeit, Entwicklungsstörung oder sogar Behinderung. Das macht Angst. Verständlich! Was ist denn, wenn es nichts medizinisches ist? Sehen mich dann alle als schlechte Mutter oder Vater? Heißt es dann, ich bin nicht fähig und mache alles falsch?
Wird mein Kind damit abgestempelt?
Ist das tatsächlich so? Ist eine Diagnostik wirklich eher schädlich als hilfreich? Outet sie etwas?
Oder hat dein Kind in Wahrheit schon einen Stempel, bzw. einen anderen Namen?
„Der Zappelphilipp, die Dramaqueen, das Träumerchen, verzogen, der Klassenclown, faul, der Chaot, dumm, das Weichei, der Störenfried, der Querschläger, die Extrawurst, der Besserwisser, unerzogen, der Fresssack, ignorant, das Penibelchen, das Muttersöhnchen, der Tollpatsch, der Suppenkasper, …“ (ich denke du weißt, was ich meine).
Menschen haben automatisch Namen für Verhaltensweisen die, sagen wir mal vorsichtig, nicht der „Norm“ entsprechen. Dazu kommt, dass Menschen sehr unterschiedliche Belastungs- und Toleranzgrenzen haben.
Hierbei hilft es, dir einfach folgende Fragen zu stellen:
- Hat dein Kind oder habt ihr als Familie, Leidensdruck aufgrund der Einzigartigkeit?
- Eckt dein Kind mit seinem „Anderssein“ oft an und bekommt negatives Feedback?
- Gibt es akute und gravierende Nachteile durch das Verhalten?
- Muss dein Kind sich durch seinen Alltag kämpfen oder wird geärgert?
- Ist dein Kind unglücklich, frustriert oder versucht Defizite zu überspielen?
- Fehlt euch als Familie oft die Leichtigkeit des Lebens oder drücken zu viele Belastungen auf die Schultern?
Wenn du hier viele Fragen mit „Ja!“ beantworten kannst, geh doch nochmal mit der Frage in dich, ob dies langfristig entwicklungsfördernd ist oder glücklich macht.
Was sind häufige Diagnosen bei Kindern?
Derzeit meist diagnostizierte Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen sind:
Lese- Rechtschreibschwächen, AD(H)S, Autismus, soziale Anpassungsschwierigkeiten, Störung des Sozialverhalten, Hochsensibilität, Lernbehinderung, Hochbegabung, Depressionen, Ängste, Essstörungen, Zwangsstörungen, Ticks, Trauma, u.a.
Zu einem großen Teil sind es noch immer Covidfolgen, zum anderen auch eine besorgniserregende Entwicklung der Gesellschaft. Die natürlich auch damit zusammen hängt, dass wir inzwischen wachsamer mit der kindlichen Entwicklung und der Gesundheit sind. Es bestehen aber auch bei einigen Diagnosen, Vererbungstendenzen.
Gründe um Auffälligkeiten untersuchen zu lassen
Je früher diagnostiziert wird, desto besser kann behandelt, therapiert und unterstützt werden. Zusätzlich gibt es zahlreiche Hilfen, für das ganze Familiensystem, den Kindergarten oder die Schulen, die in Anspruch genommen werden können. Zum Teil gibt es Förderungen von der Krankenkasse oder Pflegekasse, vor allem wenn eine Pflegestufe erreicht wird. Ja, die gibt es auch in verschiedenen Fällen, für Kinder mit körperlicher, emotionaler oder seelischer Behinderung. Therapien, wie z.B. Logopädie oder Ergotherapie können leichter verschrieben werden. Staatlich geförderte Unterstützungen und Hilfen, sowohl therapeutisch, organisatorisch, als auch finanziell können ebenfalls über verschiedene Kanäle beantragt werden. Man kann von Fall zu Fall schauen, welche Unterstützung die Familie und das Kind braucht und was einem zusteht.
Bleibt ein Kind in einer Negativspirale, von unabsichtlichem Fehlverhalten und negativer Resonanz, ist die Gefahr groß, dass sich das Verhalten verfestigt oder noch weiter verstärkt. Kein Kind findet allein adäquate Lösungsmöglichkeiten und ist schnell an der eigenen Grenze. Dies hat oft eine Überforderung zu Folge, die mit Rückzug oder großer Gegenwehr kompensiert werden kann. Ein ewiger Taufelskreis.
Ein weiter Vorteil einer gesicherten Diagnose, ist nicht nur deine Gelassenheit als Elternteil, weil du endlich das Verhalten deines Kindes verstehen kannst, sondern auch mit mehr Akzeptanz und Ruhe reagierst. Mit diesem neuen Wissen und der Bestätigung, kannst auch du viele Herausforderungen deutlich besser aushalten und nimmst es nicht als persönliches Scheitern. Vor allem auch die Akzeptanz eures Umfeldes, bei Erziehern oder Lehrern werden dir und deinem Kind den Alltag erleichtern. Wenn klar ist, wo körperliche, geistige und emotionale Grenzen sind und welche Erklärungen zu Grunde liegen, musst du als Elternteil nicht das Gefühl haben, dich rechtfertigen zu müssen, sondern hast eine klare und gesicherte Argumentation parat. Durch eine fachliche Unterstützung, kann die ganze Familie einen sicheren Umgang und dein Kind eventuell gezielte Handlungsalternativen erlernen.
Mein Gedanken für euch Familien dahinter…
Es heißt jetzt allerdings nicht, das du dir dein Kind ständig kritisch ansehen musst und nach Symptomen von Störungsbildern schauen sollst. Es soll auch nicht den Eindruck erwecken, dass jede vorübergehende „eigenartige“ Verhaltensweisen gleich besorgniserregend ist.
Ich möchte mit diesem Artikel lediglich deine Sorge abbauen, mit einer Diagnose deinem Kind zu schaden und diese daher zu meiden. Gehe achtsam und offen mit deiner Elternrolle ins Gericht und wehre nicht gleich alle Meinungen und Beobachten von außen ab. Manchmal fällt eben in der Kita oder der Schule etwas auf, was dir bis her nicht aufgefallen ist, denn Kinder verhalten sich manchmal situationsabhängig sehr unterschiedlich.
Ich möchte Mut machen, dies zu prüfen oder prüfen zu lassen. Ich möchte Mut machen, auf dein Bauchgefühl zu hören. Denn als Mutter oder Vater hat man eben einfach diese kleine Stimme im Kopf, die einem sagt: „Irgendwas stimmt nicht, irgendwas ist anders, meinem Kind geht’s nicht gut.“
Hilfen für Familien
An wen darfst du dich wenden? Zum einen an deinen Kinderarzt, wenn du ihm vertraust. Zum anderen, natürlich jederzeit an mich. Ich höre mir erst mal unaufgeregt und neutral an, wie das Leben deines Kindes aussieht und gebe dir meine professionelle Einschätzung dazu. Falls notwendig, empfehle ich dir dann einen Arzt aufzusuchen. Manchmal lassen sich aber auch kleine und größere Defizite mit ein paar Veränderungen zu Hause lösen. In diesem Fall, schlage ich dir dann eine Zusammenarbeit vor und wir schauen uns gemeinsam an, wie wir deinem Kind etwas Gutes tun können.
Hörst du die kleine Stimme in dir drin, berichtet der Kindergarten oder die Schule von Auffälligkeiten?
Lass uns gern mal gemeinsam ganz individuell und vertraulich schauen, was los ist. Klicke für mehr Informationen zu meinen Angeboten, auf die Rubrik Zusammenarbeit, um mehr Sicherheit in deiner Elternschaft zu bekommen.
Bis dahin, bleib offen und einmalig,
deine Michaela